Bis hierhin und nicht weiter!

Ein Mensch, der breitbeinig über einem Seitenstreifen auf einer Fahrbahn steht.
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Neulich bin ich einem meiner Kinder gegenüber laut geworden und hab mich gewundert: Warum war ich jetzt eigentlich so wütend? Das war doch nur eine Kleinigkeit, für die ich normalerweise nicht mehr als ein Schulterzucken übrig gehabt hätte. Ich dachte nach. Ich hatte an diesem Tag mal wieder besonders schlimme Rückenschmerzen. Ich hatte viel gearbeitet und noch mehr auf dem Zettel. Ein Kind war die letzten Tage mit hohem Fieber krank gewesen. Des Rätsels Lösung war: Meine Grenzen waren an diesem Tag schon mehrfach überschritten worden. Und irgendwann rächt sich das eben.

Hä, warum regt Mama sich so auf?

Mal kann es sich so äußern, dass wir unsere*n Partner*in wegen einer Lappalie anblaffen, mal dadurch, dass wir den Kindern gegenüber ungerecht sind. Dann ärgern wir uns über uns selbst - nur, um schon am nächsten Tag wieder in dieselbe Falle zu laufen. Für unser Umfeld ist dieses Verhalten verwirrend: Hä, warum regt Mama sich denn so über das umgestoßene Glas Wasser auf?

Es hapert schon am Spüren der eigenen Grenzen

Ich glaube, dass solche "Ausfälle" sehr oft zu verhindern wären, wenn wir schon frühzeitig unsere Grenzen wahren würden. In meinem Beispiel hätte ich zum Beispiel einen Termin verschieben können oder mich mit meinen Rückenschmerzen mal eine Stunde hinlegen können. Aber bei vielen von uns - und ich nehme mich da nicht aus - hapert es schon daran, die eigenen Grenzen überhaupt rechtzeitig zu spüren. Es ist ja auch eine wichtige Kompetenz, auch mal über die eigenen Grenzen gehen zu können. Ansonsten könnten wir wohl gerade die Babyzeit mit all dem Schlafmangel und den unerfüllten Bedürfnissen nicht überstehen. Aber gefährlich wird es, wenn Grenzüberschreitungen zur Normalität werden.

Grenzen helfen allen in der Familie

Es ist für niemanden in der Familie hilfreich, wenn du deine Grenzen nicht kommunizierst. Auf den ersten Blick ist es vielleicht bequemer für die anderen, wenn du kaum Widerstand bietest, aber letztlich wirst du damit unberechenbar - denn irgendwann ist auch bei dir das Maß voll - und unauthentisch. Das macht es dann für alle anstrengend, dich einzuschätzen.

Ein Vorbild für die Kinder

Wenn du deine Grenzen achtest, bist du damit auch ein Vorbild für deine Kinder. Sie sollen schließlich ebenfalls lernen, ihre persönlichen Grenzen zu wahren. Das hat übrigens rein gar nichts mit autoritärer Erziehung zu tun, sondern ist mit einer bindungs- und beziehungsorientierten Haltung wunderbar vereinbar. Es bedeutet ja auch nicht, dass all deine Grenzen unverhandelbar und unverrückbar sind. Aber um sie verhandeln zu können, müssen sie erst mal sichtbar sein. Dann kann man immer noch sehen, ob dein Bedürfnis, nach Hause zu gehen, größer ist als das deines Kindes, noch auf dem Spielplatz zu bleiben.

Wann hast du das letzte Mal jemandem deine Grenzen gezeigt? Und wie hat sich das angefühlt?